Arten von Desinfektionsmitteln
Arten von Desinfektionsmitteln
Desinfektionsmittelarten
Eine sehr große Anzahl an mikrobiziden Substanzen wird für eine Vielzahl von Anwendungen angeboten. Hier sollen die einzelnen Wirkstoffe dargestellt werden:
Alkohole
Hierzu gehören die Vertreter Ethanol, Propanol und Isopropanol.
Bei der Anwendung dieser Präparate muss die Konzentration zwischen 60 bis 70 % liegen. Sporen (z.B. Pilzsporen oder Sporen aerober und anaerober Sporenbildner) werden nicht angegriffen, sondern sogar konserviert. Hauptanwendungsgebiet ist die Händedesinfektion. Nicht geeignet sind diese Desinfektionsmittel für Tierhaltungen. Die Wirkungsweise beruht auf der Denaturierung von Proteinen.
Aldehyde
In die Gruppe der Aldehyde gehört das Formaldehyd, Glutaraldehyd und Glyoxal. Aldehyde haben ein breites Wirkspektrum (Bakterien, Viren, Pilze, Sporen). Das am häufigsten in der Landwirtschaft eingesetzte Desinfektionsmittel ist Formaldehyd. Es wird als Formalin in 37 %iger Konzentration vertrieben. Die Gebrauchslösung ist 2 %ig oder es wird in Gasform verwendet (Formalinbegasung). Zur Formalinbegasung ist ein spezieller Begasungsschein erforderlich. In Handelspräparaten werden häufig Kombinationen aus Formaldehyd und Glutaraldehyd eingesetzt. Besonders zu beachten ist bei aldehydhaltigen Präparaten die Anwendungstemperatur. Die auf den Verpackungen angegebenen Konzentrationen beziehen sich nur auf eine Anwendungstemperatur von 20 °C, bei Temperaturen darunter muss die Konzentration entsprechend erhöht werden. Die Wirkungsweise ist die Zerstörung der Zellwandbestandteile, wodurch diese durchlässig werden und so das osmotische Gleichgewicht gestört wird. Nachteilig ist die Gesundheitsgefährdung des Anwenders!
Chlor
Die Wirksamkeit entfaltet sich entweder als freies Chlor (elementares Chlor) oder in Form von Chlorabspaltern (Chlorverbindungen). In wässriger Lösung bildet sowohl elementares Chlor als auch Chlorverbindungen unterchlorige Säure (HOCL), die für die Wirkung verantwortlich ist, denn die unterchlorige Säure durchdringt die Zellwand der Mikroorganismen und entwickelt im Zellinnern Ihre Wirkung als starkes Oxidationsmittel.
Iodophore
Das Iod eine desinfizierende Eigenschaft hat ist seit ca. 150 Jahren bekannt. Iod ist bei Zimmertemperatur fest und wird mit Hilfe von Desinfektionsmitteln in flüssiger Form verwendet. Es löst sich gut in Alkohol (sog. lodtinktur), nur gering in Wasser. In Wasser erfolgt die Lösung nur durch sogenannte Lösungsvermittler z.B. wässrige Kaliumlösung (sog. Lugolsche Lösung). Der wirksame Bestandteil ist bei allen Lösungen das freie Iod. Die beste Wirksamkeit erzielt man im sauren Milieu und mit steigendem Säuregrad (pH-Wert<7) nimmt die Wirksamkeit zu. Die Wirkung wird durch die starke Oxidationskraft des Iods erreicht, da dadurch die Proteine der Mikroorganismen denaturiert werden. Das Wirkungsspektrum des Iods ist breit.
Säuren
Für den Bereich der Stalldesinfektion werden überwiegend organische Säuren eingesetzt. Hauptsächlich finden organische Säuren in der Stalldesinfektion Anwendung (Ameisensäure, Phenylessigsäure, Essigsäure, Zitronensäure, Propionsäure). Sie wirken, indem sie den pH-Wert absenken und die Aufnahme von Substraten in die Zelle verhindern, die für ihren Transport in die Zelle Protonenpumpen benötigen. Nachteilig ist, dass sie organischen Schmutz koagulieren, so dass die darunter liegenden Schichten mit deren Keimen nicht mehr vom Desinfektionsmittel erreicht werden.
Laugen
Werden als Desinfektionsmittel in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung heute nur noch im vergleichsweise geringen Umfang zur Desinfektion eingesetzt. In Betracht kommen Natriumhydroxid, Kaliumhydroxid und Calciumhydroxid. Diese Wirkstoffe werden in 1-2 %iger Konzentration als Desinfektionsmittel eingesetzt. Im Handel ist Natronlauge als klare, stark ätzende Flüssigkeit erhältlich. Calciumhydroxid entsteht durch die Zugabe von gebranntem Kalk (CaO) zu Wasser. Die Wirkung besteht insbesondere auf dem hohen pH-Wert, dieser zerstört die Zellwand von Bakterien. Bei Calciumhydroxid (Wasser+gebranntem Kalk) wird dieser Effekt durch die starke Wärmeentwicklung noch verstärkt.
Quaternäre Ammoniumverbindungen (Ouats); Amyhotere Verbindungen; Guanide
Diese Gruppe gehört zu den oberflächenaktiven Substanzen. Quaternäre Ammoniumverbindungen (kationische Tenside) spielen in dieser Gruppe die größte Rolle bzw. haben in der landwirtschaftlichen Desinfektion die größte Bedeutung. Auch diese Wirkstoffe wirken auf die Zellmembran und bewirken hier eine Porenbildung durch die die quaternären Ammoniumverbindungen zusätzlich in die Zelle eindringen können. Wegen ihrer geringen Toxizität werden sie in zahlreichen Kombinationspräparaten verwendet (Händedesinfektion, Desinfektion von Tränkrinnen und Futterautomaten). Vergleichbare Anwendungsgebiete gelten für die amphoteren Verbindungen (hochmolekulare Aminosäuren) und die Guanide (z.B. Chlorhexidin). Diese Präparate spielen aber eine bedeutend geringere Rolle im Vergleich zu den “Quats”.
Sauerstoffabspalter (Peroxide)
Die wichtigsten Vertreter dieser Gruppe sind das Wasserstoffperoxid und die Peressigsäure. Weitere Sauerstoffabspalter dieser Gruppe sind Benzoylperoxid, Natriumperborad, Kaliumpermanganat, Perbenzoesäure, und weitere. Diese spielen aber eine untergeordnete Rolle, da sie oft nur sehr begrenzte Anwendungsgebiete haben. Wasserstoffperoxid und Peressigsäure oxidieren die Zellproteine und Nukleinsäuren der Mikroorganismen. Peressigsäure zerfällt in Essigsäure und Wasserstoffperoxid, wobei letzteres den atomaren Sauerstoff freisetzt. Die Peressigsäure hat ein sehr breites Wirkungsspektrum und erfasst neben Bakterien und Viren auch Sporen. Dem Einsatz von Peressigsäure im Stall sind aber durch die Materialverträglichkeit Grenzen gesetzt. Allerdings gibt es Präparate, die eine Kombination anbieten, indem die negativen Eigenschaften der Peressigsäure neutralisiert und die positiven erhalten bleiben.
So greifen Laugen und Säuren Metalle an und sind mit Mauermörtel, Beton und mit Textilmaterialien unverträglich. Das gleiche gilt für Chlor, das aber Beton nicht angreift. Fast mit allen Materialien verträglich sind Tenside, Formaldehyd, lodophore und Phenole, was ihren häufigen Einsatz zu erklären vermag.